Neue ESG-Regulierungen betreffen so gut wie alle Unternehmen
Von Annemarie Schallhart, 13.11.2022, Kategorie: Ökologie, Soziale Verantwortung, Wirtschaft
Der Green Deal der EU verändert Wirtschaften gerade radikal. Ein Dschungel aus Richtlinien und Verordnungen beschreibt, was auf Unternehmen zukommt. Hier ein Wegweiser, wie Sie mit Hilfe der neuen ESG-Regulierungen einen Wettbewerbsvorteil lukrieren.
Auf der UB.connect-Veranstaltung 10.11.2022 stellten Michael Bauer-Leeb und Maria Lackner (beide Future Business Consultants) gemeinsam mit Petra Hartl von Move Forward den Green Deal der EU und die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Zukunft vor: Taxonomie, Berichtspflichten nach CSRD, CSDD und Lieferkettengesetz. Im Folgenden die wichtigsten Inhalte für Sie zum Nachlesen:
Das Themenfeld Nachhaltigkeit – manchmal auch unter CSR oder ESG zusammengefasst – ist seit einigen Jahren wohl das am stärksten wachsende Feld gesetzlicher Vorhaben sein. Laut Analyse der Anwaltskanzlei Herbert Smith Freehills wurden seit 2018 mehr als 170 einschlägige Regulierungen in der EU und den Mitgliedsstaaten auf den Weg gebracht. Zuletzt wurde etwa am 10.11.22 die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive oder Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) im EU-Parlament verabschiedet, übrigens mit überwältigender Mehrheit von 525 Ja- gegenüber lediglich 60 Nein-Stimmen und 28 Enthaltungen. Waren bislang EU-weit ca. 11.700 Unternehmen von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen, wächst diese Zahl nun auf mehr als 50.000 Unternehmen an. Über die Gesetzgebung hinaus gibt es zahllose politische Erklärungen, welche die zunehmende Bedeutung des Themas dokumentieren.
ESG-Regulierungen fordern ganzheitliches Verständnis von Wirtschaft
Wir bemerken auch eine inhaltliche Veränderung in den jüngsten Verordnungen und Richtlinien der EU in Richtung ganzheitliches Verständnis wirtschaftlicher Aktivitäten. Ganzheitlich meint, dass ökonomische, ökologische und soziale Aspekte zunehmend gemeinsam in Gesetze integriert werden. Das lässt sich etwa daran erkennen, dass die bislang sehr zersplitterte Gesetzeslandschaft – also etwa ein Abfallwirtschaftsgesetz, ein Energieeffizienzgesetz, ein Arbeitsschutzgesetz – immer stärker miteinander verwoben werden. Wir stehen da zwar erst am Anfang, aber das Beispiel des deutschen Lieferkettengesetzes zeigt diesen Trend bereits deutlich: Das Gesetz kombiniert etwa im Verbot des Landgrabbings menschenrechtliche mit umweltrechtlichen Aspekte. Praktisch bedeutet dies, dass Unternehmen vor dem Erwerb von Grund und Boden, von Wäldern oder Wasserquellen prüfen müssen, ob dadurch die Lebensgrundlagen der Anwohner:innen gefährdet würden. Ist das der Fall, wird der Erwerb und die Nutzung natürlicher Ressourcen vom Gesetz unterbunden.
Fokus Impact
Eine weitere wichtige Ausprägung dieses sich wandelnden Verständnisses ist die Wahrnehmung von Unternehmen als gesellschaftlich eingebettete Akteure, deren Geschäftstätigkeit (d.h. ihr Geschäftsmodell, ihre Produkte und Dienstleistungen) umwelt- und gesellschaftsrelevante Auswirkungen AUF ihr Umfeld hat oder haben kann. Anders gesagt: es geht um den tatsächlichen und potentiellen Impact von Unternehmen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette, und nicht mehr nur darum, was auf Unternehmen einwirkt und wie sie sich im Markt aufstellen sollten. Damit wird auch die Erfassung, Messung und Kommunikation des unternehmerischen Impacts auf die vor- und nachgelagerten Stakeholder immer wichtiger. Das bedeutet für Unternehmen neue, ausführlichere Berichtsanforderungen und die Pflicht zu umfassenden Risikoanalysen.
Diese ESG-Regulierungen sollten Unternehmen jedenfalls kennen und verstehen
Von den zahlreichen Verordnungen und Richtlinien sind für Unternehmen der Realwirtschaft folgende ESG-Regulierungen unausweichlich wichtig:
- Die Taxonomie-Verordnung, die Umweltziele und grüne Wirtschaftstätigkeiten festlegt, mit ihren bereits veröffentlichten sowie zukünftigen Durchführungsverordnungen (delegierte Verordnungen).
- Die Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD samt ESRS, die europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards).
- Die sogenannte Lieferkettenverordnung (CSDD, Corporate Sustainability Due Diligence Directive) bzw. das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Auswirkungen auch für kleine und mittlere Unternehmen schon spürbar
Diese ESG-Regulierungen sind zum Teil bereits in Kraft oder entfalten in den nächsten Jahren ihre Wirkung, jedenfalls bemerken wir bereits heute Auswirkungen auf Unternehmen jeder Größe und quer über alle Sektoren und Branchen. Dabei spielt es meist auch keine Rolle, ob Unternehmen direkt von den Gesetzen betroffen sind oder nicht. Da überall die Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in den Fokus der Aufsichtsbehörden rücken, kann es passieren, dass ein kleines Unternehmen etwa vertraglich zur Erfassung und zum Reporting von Umwelt- und sozialen Aspekten an Geschäftspartner:innen verpflichtet wird. Kann dies nicht erbracht werden, ist die geschäftliche Beziehung und damit der Umsatz gefährdet. Weiters stehen Banken und Versicherungen zunehmend in der Pflicht, etwa Kredite für Investitionen oder Expansionen an Nachhaltigkeitskriterien (ESG) auszurichten. Kann ein Unternehmen diese nicht belegen, steht die Unternehmensfinanzierung in Frage, zumindest könnten sich Kredite aber deutlich verteuern.
Wie können Unternehmen auf diese neuen ESG-Regulierungen gut reagieren?
Wir raten dringend dazu, bereits heute aktiv zu werden und sich als Unternehmen mit grundlegenden Fragen auseinanderzusetzen, die quer über die Regulierungen mehr und mehr Bedeutung erlangen:
- Analyse und aktives Management der eigenen geschäftlichen Auswirkungen, insbesondere der negativen: Kennen Sie die Auswirkungen Ihres Geschäftsmodells und Ihrer Produkte und Services auf Umwelt und Menschen? Haben Sie Kennzahlen oder Indikatoren, mit denen Sie Auswirkungen messen, beurteilen und verbessern können?
- Analyse und Management der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsketten: Wie gut kennen und verstehen Sie Ihre Geschäftspartner:innen und Kund:innen? Kennen Sie deren ökologische und soziale Auswirkungen und Risiken? Auf welche Alternativen können Sie im Problemfall zurückgreifen?
- Compliance: Wie können Sie Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen dauerhaft und effektiv umsetzen? Wer ist dafür verantwortlich? Welche Prozesse braucht es, um Nachhaltigkeit aktiv zu managen?
- Erweitertes Risikomanagement: Verstehen Sie, wie ökologische und gesellschaftliche Risiken und Veränderungen auf Ihr Unternehmen wirken und Ihre wirtschaftliche Lage beeinflussen können?
- Daten, Daten, Daten: Erfassen Sie bereits relevante Umweltkennzahlen? Haben Sie soziale Indikatoren, auf die Sie zurückgreifen können? Welche KPIs brauchen Sie, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen?
JETZT ESG-konform wirtschaften bringt Wettbewerbsvorteil
Diese neuen ESG-Regulierungen verändern Wirtschaften im 21. Jahrhundert gerade radikal. Je früher Sie damit beginnen, Ihre Geschäftstätigkeit an die neuen ESG-Vorgaben anzupassen, desto resilienter werden Sie sein. Wenn Sie jetzt starten, können Sie noch einen Wettbewerbsvorteil daraus machen, später nicht mehr.
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